BurgansichtBurgansichttext

Burg Hayn in der Dreieich
Die Burganlage stammt mit ihrem ältesten, erhaltenen Teil aus dem 11. Jahrhundert. In der Baugeschichte dieser Anlage sind verschiedene Entstehungszeiten nachgewiesen. Die Brücke wurde erst 1783 aus Steinen gebaut. Vorher nahm eine leicht abwerfbare Holzbrücke ihre Stelle ein. Neben der Brücke im Graben befinden sich zur Linken die wieder aufgebauten Überreste des ehemals zweistöckigen Torbaues, der bis 1790 den Burgeingang überspannte. Der Burggraben - früher zum Schutz der Burg mit Wasser gefüllt - wurde im Jahre 1967 in eine Grünanlage umgestaltet.

Der Besucher betritt die Burganlage über die Burgbrücke, danach steht man vor dem Runden Turm (Bergfried), der im 12. Jahrhundert erbaut wurde und noch vor 200 Jahren die fast doppelte Höhe hatte. Im Jahre 1792/93 ist er auf seine jetzige Höhe abgetragen worden, die Steine fanden Verwendung beim Bau der Chaussee von Dreieichenhain nach Sprendlingen. Der ursprüngliche Eingang lag ca. drei Meter hoch und war von außen nur über eine Leiter erreichbar, danach gelangten die Burgbewohner im Inneren des Rundturmes in das mittlere Geschoß, in dessen Mitte eine kleine viereckige Öffnung den Einlaß in das mindestens zehn Mieter tiefe untere Geschoß bildete.

Neben dem Runden Turm (Bergfried) befinden sich noch die Überreste vom frühgotischen Staffelgiebel des Palas. Ein Aquarell von Anton Radl aus dem Jahre 1795 im Dreieich-Museum zeigt die Giebelwand noch in ihrem alten Zustand. Im Jahre 1816 stürzte der Staffelgiebel teilweise ein. Unmittelbar vor diesem befindet sich der Eingang in den Palaskeller, der früher als Lager (Weinkeller) diente. Über dem gemauerten Kellerbogen erhob sich einst eine zweistöckige Zwingermauer, die bis an den Bergfried herangeführt war. Dahinter stellte ein Balustradengang die Verbindung zwischen Palas und Bergfried her.

Der Palas, das Hauptgebäude der Burg, zeigt Spuren verschiedener Bauperioden. In seinen Fundamenten und teilweise auch im aufgehenden Mauerwerk (Südseite bis in Fensterhöhe) ist noch die Bautechnik der Romanik (1180) zu sehen; die heutige Südfront des Palas wurde in der Gotik (um 1350) auf die romanische Zwingermauer aufgesetzt, während die romanische Palasmauer mit ihrer vorzüglichen Mauertechnik nur noch im Palaskeller erhalten ist. Im Inneren sind unter den Fenstern des ersten Obergeschosses noch deutlich die Balkenlöcher der gotischen Decke sichtbar, teilweise überdeckt von den Ansätzen der Renaissancegewölbe. Die Palasfenster zeigen teils spätromanische (um 1150), teils früh- oder spätgotische Bauformen (um 1350), hauptsächlich aber die Elemente der Renaissancezeit (1550). Die frühgotische Gestalt der Fenster (1260) ist an der westlichen Eingangsseite noch deutlich erkennbar, die ursprünglich romanische Fensterform ist durch aufgefundene, im Dreieich-Museum aufbewahrte Baureste gesichert.

Nach dem Durchschreiten des Haupteingangs, der Pforte, gelangt der Betrachter in den Palas. In der Türwandung rechts befindet sich der Einschub für den Torbalken zum Verriegeln der Tür, ein Schritt weiter ein römischer Grabstein (2. Jahrhundert). Er wurde hoch oben auf der Turmhügelburg - als Zinnenstein vermauert - um 1605 von dem Isenburgischen Amtmann Weiprecht Schmidt entdeckt, von dort herausgebrochen und danach im Burggelände aufgestellt. Hinter der Tür zur linken Seite gelegen - heute versperrt - befinden sich die noch vorhandenen Reste einer steinernen Wendeltreppe, die in das Obergeschoß des Palas führte.

Durch einen schmalen Gang, der mehrere Nebenräume zur Rechten abschließt, gelangt der Besucher nun in den großen Saalraum (Kemenate) mit dem Kamin aus schmalen Sandsteinquadern. In dem vorderen, westlichen Teil befinden sich die Küche mit dem gemauerten Herdsockel und Abstellkammern. Etwas weiter - zur linken Hand - erhält man einen schönen Durchblick auf den hölzernen Treppenaufgang vor der Kirche, rechts nach Süden einen Blick auf die Stadtmauer und den Faselstall, früher als des "Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation Hundestall" bezeichnet. Hier wurden im Mittelalter die für die Jagd benötigten Hunde - vornehmlich der weiße Bracke - gezüchtet. Der Plattenboden in diesem Teil des Gebäudes wurde zur Sicherung des Palaskellers und der Fundamente im Jahre 1937 in Zusammenhang mit einer Renovierung der Burg gelegt.

Anschließend, nach Osten, folgt der hintere Teil des Palas, der früher den Grafen von Hanau - die mit einem Sechstel an der Herrschaft im Hain beteiligt waren - gehörte und noch bis etwa 1760 von dem Hanauischen Amtmann bewohnt wurde. In romanischer Zeit befand sich an dieser Stelle die Burgkapelle. Auch hier bildete, wie ein weiteres Aquarell von Anton Radl zeigt, ein hoher Treppengiebel mit einem Storchennest den Abschluß, der schon 1804 eingestürzt ist. Hinter der Mauer befindet sich der Weiher als Teil der heute noch erhaltenen Stadtbefestigung aus früherer Zeit.

Zur rechten Seite geht der Blick der Stadtmauer entlang mit dem ehemaligem Wehrgang und den Schießscharten auf das Untertor zu, dessen schöner Fachwerkaufbau mit steilem Walmdach im Jahre 1805 abgetragen wurde. In der anderen, rückwärtigen Richtung - also Richtung Westen - hat der Betrachter jetzt noch einmal die gesamte Ruine des Palas vor sich, und etwas weiter im Hintergrund das über 500 Jahre alte Gasthaus "Zur alten Burg". Beim Verlassen des Palas Richtung Norden gelangt der Besucher nun zur Burgkirche. Wenn Sie nun zwischen dem Treppenaufgang zur Empore nebst Orgelbühne der Kirche und dem Palas stehen, befinden Sie sich auf dem ältesten Friedhof der Burg. Unter der Holztreppe ist an der Kirchenwand noch die halb im Boden steckende Pforte zum Friedhof zu erkennen. Gegenüber befindet sich der Eingang in einen späteren, hinteren Keller des Palas.

An der Stelle des ersten Friedhofes stehen 12 Grabsteine, die ehemals im Hainer Wald als Brückenstege über einem Wassergraben lagen. Diese waren seinerzeit vom Geschichts- und Heimatverein an der Trennwand zum Burggarten vor der Kirche aufgestellt worden. Nach einer gründlichen Restaurierung im Jahre 1985 wurden sie an diese Stelle versetzt. Hier befindet sich auch ein schlichter Gedenkstein für die Gefallenen der beiden Weltkriege.

In südlicher Richtung kommt der Betrachter jetzt in den Burggarten. Gleich auf der linken Seite befindet sich der Burgbrunnen, der noch aus spätromanischer Zeit stammt, dessen Oberbau aber mehrfach erneuert wurde. Auf den Brunnenschacht ist 1963 der Aufbau eines Ziehbrunnens aus dem ehemaligen Gasthaus "Zum alten Brunnen" gesetzt worden. Das Querstück trägt die Jahreszahl 1559.

Das den Burggarten nach Westen abschließende Gebäude ist das Dreieich-Museum. Ein Besucht lohnt sich!

Wenden Sie sich nun nach rechts und vor Ihnen liegt eine der schönsten Freilichtbühnen Deutschlands.

Haben Sie hier schon einmal die Freilichtaufführungen gesehen? Sie finden alljährlich im Juni oder Juli statt.

Im Hintergrund des Burggartens steht die hohe Wand der Turmhügelburg. Sie ist im 11. Jahrhundert entstanden und der älteste Teil der heutigen Anlage. Eine Ringmauer, deren Hervortreten aus der spätromanischen Burgmauer außerhalb auf der Nordseite - jenseits der Turmwand - noch sichtbar ist, umschloß die Turmhügelburg, nur einen schmalen Gang um diese frei lassend. Davor lag eine zwei bis drei Meter breite Berme - bei mittelalterlichen Burgen die ebene Fläche zwischen Graben und Mauer - und darum wieder ein acht bis fünfzehn Meter breiter Graben, der heute noch deutlich als Abgrenzung der Freilichtbühne vom Zuschauerraum zu erkennen ist. Die Turmhügelburg stürzte um 1750 ein, ihre Steine fanden Verwendung beim Bau der Neu-Isenburger Kirche im Jahre 1773. Weitere zu der ältesten Burganlage gehörende Bauten wurden während der Ausgrabungen in den Jahren 1924/25 und 1962 im nordwestlichen Teil des Burggartens aufgedeckt. Pläne, Rekonstruktionen sowie ein Modell befinden sich im Dreieich-Museum. Weiterhin wurden zahlreiche Bauten späterer Jahrhunderte längs der Burgmauer und teilweise im Innern des heutigen Burggartens nachgewiesen (Hinweistafel am Museum).

Die geschichtliche Entwicklung der Burg läßt sich kurz wie folgt skizzieren: aus einer mächtigen, 25 Meter hohen steinernen Turmburg der Herren von Hagen entstand die erste weiträumige Burganlage der Hagen-Münzenberger (1075-1255). Nach deren Aussterben im Jahre 1255 erbten die Falkensteiner die gesamte Herrschaft Hain. Als dieses Geschlecht 1418 ebenfalls im Mannesstamme erlosch, kamen Burg und Stadt an verschiedene Herren, doch hatten die Grafen von Isenburg sich den größten Anteil gesichert. Seit dem Jahre 1486 besaßen sie fünf Sechstel, die Grafen von Hanau dagegen nur ein Sechstel von Burg und Stadt. Erst ab 1710 waren die Isenburger die alleinigen Besitzer der Burg, die auch bei der Standesherrschaft Isenburg-Birstein verblieb, nachdem die Isenburgischen Lande 1816 an Hessen gefallen waren. Im Jahre 1931 ging die gesamte Burganlage durch Ankauf in den Besitz des Geschichts- und Heimatvereins über.

Heute werden in der Burg zahlreiche Veranstaltungen durchgeführt. Burgkeller und Runder Turm (Bergfried) wurden in den Jahren 1976/77 vom Geschichts- und Heimatverein Dreieichenhain mit Unterstützung der Stadt zu einer kulturellen Begegnungsstätte ausgebaut. Hier finden Dichterlesungen, Vorträge, Ausstellungen, kleine Konzerte und gesellige Veranstaltungen statt.

Im Burggarten - vor der historischen Kulisse der Turmwand - werden in Fortführung einer früheren Tradition seit 1978 wieder die Freilichtspiele des Geschichts- und Heimatvereins aufgeführt. Sonntagskonzerte, musikalische Darbietungen und vielfältige Veranstaltungen anderer Institutionen und Vereine ergänzen das abwechslungsreiche Programm auf der Freilichtbühne und in der Burg.

© Text: Copyright 2008 Gernot Schmidt
© Foto: Copyright 2005 Eberhard Morell